Die Party-Einladung
„Party bei mir! Du bist herzlich eingeladen, meinen Geburtstag zu feiern!“
Bei vielen Menschen ruft so eine Nachricht freudige Gefühle aus. Bei Introvertierten eher zwiespältige: Einerseits Freude darüber, dass du als Partygast eingeladen wurdest. Du möchtest den Geburtstag deines Freundes oder deiner Freundin auch gerne feiern. Aber eine große Party…? Dann grübelst du, ob du an dem Termin überhaupt Zeit hast und was du davor und danach schon geplant hast. Und manchmal seufzst du, weil deine ruhige Auszeit, die du dringend mal wieder brauchst, durch eine Partynacht nicht nur verschoben, sondern sogar noch dringender wird.
Schon allein der Gedanke an laute Musik, fremde, eng beeinander stehende Menschen, Small Talk über Themen, die dich langweilen und Unterhaltungen, die aufgrund des Lärmpegels nur mit lauter Stimme möglich sind, lässt dich die Erschöpfung spüren.
Du bist hin- und hergerissen, weil du den Abend lieber ruhig und nur mit dir verbringen willst, andererseits deinen Freund durch eine Absage aber nicht enttäuschen willst. Wenn du hingehst, wirst du dich hinterher erschöpft fühlen und wieder Zeit zum Regenerieren brauchen. Aber du hast dir doch vorgenommen, geselliger zu sein…
Am Ende sagst du zu. Das erwarten deine Freunde von dir. Geburtstag feiern ist eine Pflichtveranstaltung. Außerdem drängen sie dich immer wieder, mehr auszugehen und Spaß zu haben. Du willst schließlich nicht als Langweiler gelten.
Die Party: Du begrüßt ein paar deiner Freunde und Bekannten und stellst dich zu ihnen. Sie plaudern über Belangloses, du hörst eine Weile zu (verstehst aufgrund der Musik aber nicht alles), dann driften deine gelangweilten Gedanken ab. Du beobachtest die anderen Partygäste. Inzwischen sind andere Personen zu deinem Grüppchen dazugestoßen, es wird über andere Belanglosigkeiten gesprochen und gelacht. Einige drehen sich halb von dir weg, weil du nur wenig unterhaltsam danebenstehst. Du würdest dich gerne in das Gespräch einbringen, kannst aber zu dem Thema nichts sagen, weil gerade über jemanden gesprochen wird, den du nicht kennst. Das Grüppchen spaltet sich auf, einige holen Getränke, die anderen kennst du kaum. Sie plaudern weiter und es wird immer schwieriger für dich, in das Gespräch einzusteigen. Du wirst immer weniger beachtet.
Plötzlich stehst du mit deinem Getränk in der Hand alleine da. Die Musik ist dir zu laut, du bist schon nach der halben Stunde, die du jetzt da bist, überstimuliert von den vielen äußeren Reizen. Ein bekanntes und verhasstes Gefühl meldet sich jetzt wieder zu Wort: Irgendwie passt du nicht in diese Welt. Du bist anders, irgendwas fehlt dir, wahrscheinlich irgendein „Spaß-Gen“. Alle lachen und amüsieren sich, nur du stehst hier herum wie ein falscher Fuffziger.
Dein geringes Selbstwertgefühl scheint sich mal wieder zu bestätigen.
Die Gastgeberin kommt auf dich zu und stößt dich an: Alles klar bei dir? Amüsier dich, hab Spaß, so jung kommen wir nicht mehr zusammen! schreit sie in dein Ohr.
Wunderbar, danke für die Bestätigung. Dass diese nett gemeinten Sprüche dein Unwohlsein nur noch verstärken, merkst nur du. Wenn du so tust, als würdest du dich gut amüsieren, dann wird alles noch anstrengender als es sowieso schon für dich ist.
In deinem Kopf schwirren Gedanken von „Stell dich nicht so an, warum kann ich nicht einfach mitfeiern“ bis „Die anderen halten mich für den größten Langweiler der Stadt“ und erhöhen fleißig den Druck auf dich selbst.
Intros funktionieren auf einem anderen Level
Kommt dir diese Party-Situation bekannt vor? Ich habe sie schon zigmal durchgemacht. Aber ich will uns Intros nicht zu schwarz malen: Auch wir können Partys feiern, auf denen alles passt, wir lachen und tanzen.
Aber wir haben keinen Party-Schalter, den man einfach anknipsen kann, so wie viele Extros es zu haben scheinen.
Für uns muss alles zusammenpassen: Die Leute, die Gespräche, die persönliche Stimmung und die aufgeladenen inneren Akkus.
Das heißt nicht, dass wir deswegen „falsch“ oder „minderwertig“ sind. Wir sind introvertiert, so wie 30-50% aller Menschen auf dieser Welt. Also ganz normal.
Manchmal suchen wir nach einer Art Anleitung, um Partys so feiern zu können wie die Extros. Weil wir sie um ihre ausgelassene Stimmung heimlich beneiden, und weil wir uns nicht ausgeschlossen fühlen wollen. Wir beobachten die anderen, versuchen ihr Verhalten eine Weile nachzuahmen. Aber das funktioniert nicht. Es fühlt sich falsch an, wirkt aufgesetzt und kostet unheimlich viel Energie.
Die Momente, in denen wir ausgelassen feiern können, sind seltener als bei Extros. Oft nur, wenn wir mit vertrauten Freunden zusammen sind. Darum kennen auch nur diese Freunde die „Party-Seite“ unserer Persönlichkeit – und sie werden uns nicht mit Sprüchen wie „Mach dich mal locker“ nerven, wenn uns nicht nach Party zumute ist.
Du entscheidest
Ob du eine Einladung annimmst oder lieber absagen möchtest, ist deine Entscheidung. Du wählst für dich, wann und wo du dich wohlfühlst, oder ob du deine eigenen Bedürfnisse auch mal zurückstellst und die Erwartungen der anderen erfüllen willst. Du entscheidest jedes Mal von neuem, je nach Situation.
Aber pass auf, dass du nicht zu oft und zu lange in deiner bequemen und sicheren Komfortzone stecken bleibst. Es tut gut, die Grenzen der Komfortzone hin und wieder sanft auszudehnen und sie Stück für Stück zu erweitern.
Ganz ohne Druck – du entscheidest, wann und zu welchen Gelegenheiten. Es ist ein großer Unterschied, sich bewusst dafür zu entscheiden, sich einer anstrengenden Situation zu stellen und es zu wollen, als sich dazu verpflichtet zu fühlen und sie eher widerwillig durchzustehen. Wichtig ist nur, es immer mal wieder auszuprobieren.
Was bedeutet „Spaß haben“ für dich?
Still und zurückhaltend zu sein, wird von den meisten Menschen nicht mit „Spaß haben“ gleichgesetzt. Eher mit langweilig oder unsympathisch. Was introvertierte Menschen unter Spaß verstehen, ist etwas anderes als bei Extravertierten. Und individuell sowieso ganz unterschiedlich.
Ich verstehe unter Spaß haben eine ganze Menge, z.B.:
- Etwas Kreatives machen, wie z.B. schreiben. Danach fühle ich mich ausgefüllt, produktiv, Wert schaffend.
- Mit vertrauten Menschen zusammen sein und gemeinsam etwas unternehmen.
- Auf Reisen neue Landschaften entdecken.
- In einem Zwei-Augen-Gespräch spüren, dass der andere die gleichen Ansichten und Überzeugungen hat wie ich, und das Gespräch immer tiefer und interessanter wird.
- Lesen, lernen, neue Dinge erfahren – die Welt ein bißchen besser verstehen.
- Neue Ideen und Projekte ersinnen und planen.
- Wenn die Stimmung passt, auch tanzen und feiern!
Bist du bereit, Selbstzweifel hinter dir zu lassen und stolz auf deine introvertierte Persönlichkeit zu sein?
Trage dich für die Intro-Inspirationen ein und erhalte ca. 1x im Monat meine Gedanken mit Tiefgang rund um unser Persönlichkeitsmerkmal, kleine Geschichten und praktische Intro-Alltagstipps – exklusiv für meine Leserinnen und Leser. Über 400 Introvertierte und Interessierte sind bereits dabei!
Mein Willkommensgeschenk an dich: das Mini-Ebook „Energievampire und Energieoasen – Intro-Tipps für einen ausgeglichenen Alltag“!
Lese solange mit wie du möchtest. Ganz kostenlos. Abmeldung jederzeit möglich. Klick hier und trage dich jetzt ein:
Orientiere dich nicht an dem, was für andere Spaß bedeutet. Lass dich nicht verunsichern, wenn Bemerkungen darüber kommen, dass zuhause bleiben langweilig wäre und du das Leben verpasst. Du hast deine eigenen Vorstellungen davon, wie du dein Leben gestaltest – und du bist nicht alleine damit!
Du gehst auch aus. Aber du bevorzugst ruhigere Orte und wenig gute Freunde um dich herum. Und du darfst ohne schlechtes Gewissen absagen, wenn eine Einladung nicht zu dir passt.
Akzeptiere, dass nicht alle deine Vorstellung von „Spaß haben“ verstehen. Es wird immer Vorurteile und Unverständnis geben. Da müssen wir als Intros in einer extravertierten Gesellschaft durch. Wir sollten uns nicht davon verunsichern lassen und den eigenen, authentischen Weg gehen.
Wenn du dich und deine individuelle Art akzeptieren kannst, werden dich diese Bemerkungen nicht mehr stören. Der vermeintliche Anpassungsdruck an das, was andere erwarten und für richtig empfinden, fällt plötzlich weg. Du brauchst die Akzeptanz und Anerkennung von außen nicht mehr.
Intro zu sein ist super – aber nur, wenn du nicht versuchst, ein Extro zu werden!
Sei stolz auf das, was du bist und was du tust.
Wie gehst du damit um, wenn andere meinen, dass du mehr „Spaß haben“ müsstest? Fühlst du dich selbst langweilig oder bist du mit deiner ruhigen Art versöhnt? Was bedeutet „Spaß haben“ für dich? Erzähle mir davon in den Kommentaren!
Alles Liebe
Lena
Mehr Selbstbewusstsein entwickelst du als Intro, wenn du deine Stärken besser kennst. Hier erfährst du alles über die unsichtbaren Stärken der Introvertierten.
Intros haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen: 16 häufige Vorurteile gegenüber Introvertierten (und was wirklich dahinter steckt)
Und noch was gegen lästige Fragen: 12 Antworten für Introvertiere auf die Frage: „Warum bist du immer so still?“
Birgit
Hallo liebe Lena,
Deine Worte berühren mich sehr. Ich kann alle deine Ausführungen sofort unterschreiben. Toll ausgedrückt!
Inzwischen habe ich eine sehr erleichternde Herangehensweise für Partys entdeckt.
Ich gehe zu Anfang jeden Gast persönlich begrüssen mit Hand geben.
Dann erscheinen mir die Menschen nicht als „Masse“, sondern ich kann jeden einzeln spüren und entscheiden, ob und wie lange ich mich mit ihm/ ihr unterhalten möchte.
Ausserdem stehe ich nicht blöd herum. Und es vertreibt mir mindestens eine Stunde die Zeit und ich werde lockerer. Ich bin offen für die Situation und wirke auch nach aussen so.
Es kann ja auch sein, dass jemand dabei ist, den ich gerne genauer kennen lernen möchte. Dann habe ich auch meinen Spass.
Aber ich bin auch lieber kreativ, schreibe, spüre in mich hinein und geniesse die Stille in der Natur.
Es tut so gut, von Gleichgesinnten zu erfahren. Lange wusste ich nicht, dass das mit introvertiert sein zu tun hat.
Vielen lieben Dank für deinen Text!
Herzliche Grüsse
Birgit
Lena
Liebe Birgit,
danke für dein Lob!
Du hast für dich eine gute Party-Strategie gefunden – und lernst gleichzeitig leichter neue Menschen kennen. Respekt! Viele Intros tun sich sicherlich schwer, deinem Beispiel zu folgen, oder möchten gar nicht mit jedem Kontakt aufnehmen. Super, dass es für dich so gut funktioniert.
Alles Liebe
Lena
Michael
Liebe Lena,
Soeben erst bin ich auf Deinen Blog gestoßen und ich bin sehr froh darüber! Du artikulierst genau das, was ich manchmal fühle/denke oder mich manchmal nicht zu fühlen/denken traue, weil ich mir falsch oder „inadequat“ vorkomme.
Besonders interessiert mich, wie Deine Kinder mit Deiner stillen Art umgehen!? Ich habe zwei Töchter im Grundschulalter, die überwiegend (5x pro Woche) bei mir leben und 2x zur Mutter gehen. Meine ehemalige Partnerin ist recht extravertiert, ich dagegen introvertiert. Durch die Trennung bin ich noch mehr in mich gekehrt und merke, wie die Kinder einfach voll auf die „happypappy“ Art der Mutter anspringen, während sie bei mir eher zurückhaltend sind, auch wenn ich versuche „Spassmacher“ zu sein. Daher versuche ich nun möglichst authentisch zu sein. Dabei habe ich aber Angst, zu distanziert und langweilig zu wirken… ein Teufelskreis…
Ich würde mich über Deine Sicht freuen und wie es für Dich, Deinen Partner und Deine Kinder ist?
Vielen lieben Dank!
Michael
Lena
Lieber Michael,
danke für deine Offenheit! Ich denke, dass Kinder von beiden sehr profitieren können. Ein Elternteil, dass für Action zu haben ist, und ein Elternteil, bei dem sie zur Ruhe kommen können.
Ich tausche mich gerne näher zu diesem Thema mit dir aus und schreibe dir eine Email.
Liebe Grüße
Lena
Eva
Oh ja, vielen Dank!! 🙂
Das passt sehr zu mir… wenn ich mich wohlfühle werde ich auch zu voll der Plaudertasche, aber ansonsten…
Das fühlt sich dann manchmal so an, als hätte ich aus Versehen einen Großteil meines Gehirns zu Hause gelassen 😀 😀
Lena
Liebe Eva,
das ist ein guter Vergleich, genauso fühlt es sich tatsächlich an 🙂
Liebe Grüße
Lena