Was heißt Selbstvertrauen?
Jeder hat so seine eigene Vorstellung davon, wie sein Selbstvertrauen idealerweise aussehen sollte. Der eine möchte zuversichtlich in die Zukunft schauen können. Der nächste möchte Herausforderungen und Probleme ohne Sorgen anpacken. Andere wünschen sich einfach, weniger Angst vor dem Scheitern zu haben oder davor, sich zu blamieren. Sich nicht mehr so sehr von der Meinung anderer beeinflussen zu lassen. Was sich alle gemeinsam von einem stabilen Selbstvertrauen wünschen: Zuversicht. Gelassenheit. Mut.
Selbstvertrauen heißt:
– dir selbst vertraut sein. Zu wissen, was du bist, hast, willst, kannst usw. Heute und für die Zukunft.
– dir selbst verlässlich zu sein. Nichts zu tun, was dir nicht behagt. Deinem Bauchgefühl zuzuhören und ihm zu folgen. Dinge zu tun, die du dir selbst versprochen hast. Dich selbst an deine Werte und Regeln zu halten.
Selbstvertrauen ist die Gewissheit, das Beste aus dir und deinen Grenzen zu machen. Nach deinen eigenen Vorstellungen. Dann bekommst du ein Gefühl von Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit. Es gibt dir die Sicherheit, dass du der einzige Mensch auf der Welt bist, der das tun kann, was du tun möchtest, und zwar auf deine ganz individuelle Art und Weise. Das ist innere Freiheit.
Das hört sich doch einfach wunderbar an, oder? Selbstvertrauen als der Schlüssel zum persönlichen Glück und sinnerfülltem Leben. Wenn es denn so einfach wäre…
Warum haben wir so oft einen Mangel an Selbstvertrauen?
Mir begegnen viele introvertierte Menschen, die unter einem Mangel an Selbstvertrauen leiden. Sie wissen zwar, was sie gut können, was ihre Stärken und Talente sind, was sie gerne machen und was ihnen überhaupt nicht gefällt. Trotzdem haben sie nur wenig Selbstvertrauen. Weil sie zu leise sind für unsere laute Welt. Weil sie das Gefühl haben, unsichtbar zu sein oder zumindest nicht so gehört werden wie andere, extravertiertere Menschen. Weil sie als langweilig oder arrogant wahrgenommen werden. Weil sie in der Schule schlechtere Noten bekommen haben, wenn sie sich wenig mündlich beteiligt haben und Teamarbeit nicht ihre Stärke war. Weil sie zu sensibel genannt werden. Weil sie ständig aufgefordert werden, mehr aus sich herauszukommen.
Sie zweifeln an sich, weil sie erfahren haben, dass man sich durch Lautstärke Gehör verschafft. Dass man nur erfolgreich sein kann, wenn man viele Leute kennt und Beziehungen hat. Dass man als leiser Mensch schnell untergeht im Gesellschaftslärm.
Wenn man wenig Selbstvertrauen hat, spielen diese und andere Glaubenssätze im Unterbewusstsein eine entscheidende Rolle. Glaubenssätze wie „Ich bin nicht wertvoll“, „Niemand mag mich“, “ Ich kriege das nicht so gut hin wie andere“ und ähnliche. Sie sind alle nur Varianten dieses einen Glaubenssatzes: „Ich vertraue mir selbst nicht.“
Meistens machen sich diese oft unbewussten Glaubenssätze auch im äußerlichen Verhalten bemerkbar: Da ist die leise Stimme. Oder die künstliche, unnatürliche Stimme. Die unauffällige Kleidung oder extrem auffällige Kleidung. Ersatzhandlungen versprechen eine Idee von Selbstvertrauen für den Moment, wie Essen, Alkohol, Drogen.
Es wäre ein unrealistisches Ziel, ein hundertprozentiges Selbstvertrauen anzustreben. Selbstzweifel gehören zur menschlichen Psyche dazu. Jeder trägt Erfahrungen in sich, in denen sein Wert nicht anerkannt oder bezweifelt wurde. Ob in der Erziehung, in Beziehungen, in der Gesellschaft, oder weil wichtige Bedürfnisse seiner Persönlichkeit nicht erfüllt wurden.
Es ist eine lebenslange Aufgabe, neue Erfahrungen zu sammeln, die das Selbstvertrauen stärken, so dass es immer weiter wachsen kann. Schritt für Schritt.
Ich gebe dir in diesem Artikel ein paar Anregungen, wie diese Schritte für dich aussehen können. Damit die Übungen, die ich dir vorstelle, auch wirksam werden, beachte dabei bitte dies drei wichtigen Punkte:
– Nimm jeden einzelnen Schritt, jede Übung, jede noch so kleine Erfahrung als Erfolgserlebnis wahr. Viele Minischritte machen zusammen einen großen Schritt. Kein Schritt ist zu klein, zu unbedeutend.
– Überfordere dich und dein Selbstvertrauen nicht. Du bist ja erst dabei, es auf- und auszubauen.
– Habe keine Angst zu Scheitern. Du weißt ja, Fehler sind dazu da, um aus ihnen zu lernen. Beim nächsten Versuch startest du nicht bei Null, sondern mit Erfahrung. Freue dich über ein Scheitern bei einer Übung, denn nun weißt du mehr über dich selbst als vorher. Und ein Scheitern ist immer besser, als es gar nicht erst versucht zu haben.
Übung 1: „Was wäre, wenn ich Selbstvertrauen hätte?“
Ja, das ist auch schon die ganze Übung. Wenn du einen ruhigen Moment für dich allein hast, entspanne dich und male dir aus, wie du dich verhalten würdest, wenn du ein starkes Selbstvertrauen hättest. Versuche, es dir mit so vielen Details wie möglich vorzustellen. Spüre, welche Gefühle dabei entstehen.
Für dein Gehirn macht es keinen Unterschied, ob du etwas real erlebst oder ob es nur in deiner Vorstellung passiert. Es bilden sich die gleichen neuen Nervenverknüpfungen. Wenn du die Übung mehrfach wiederholst, sind die neuen Nervenbahnen irgendwann dick und stark. Dein Gehirn ist fest davon überzeugt, dass du viel Selbstvertrauen hast, und du kannst leicht danach handeln.
Übung 2: Ichbezogenheit erkennen und ablegen
Es klingt ein wenig paradox, aber es stimmt: Je weniger ich mich selbst wichtig nehme, desto mehr Selbstvertrauen kann ich entwickeln.
Warum ist das so? Wenn ich sehr auf mich selbst fixiert bin, entwickle ich auch schnell Selbstmitleid. Wenn ich mir selbst leid tue, dann ist das genau das gegenteilige Gefühl von Selbstvertrauen.
Wir haben alle mehr oder weniger Ansprüche an uns selbst, von anderen anerkannt und wertgeschätzt zu werden. Wenn wir lernen, diese Ansprüche zu reduzieren und unsere Fehler ohne Scham- oder Schuldgefühle anzunehmen, dann gewinnen wir Freiheit – wir machen uns weniger Sorgen um das Urteil der anderen oder ihre Bewertung. Und schaffen so Platz für mehr Vertrauen. Du fängst an, deine Fähigkeiten, deine Wirksamkeit und deine Stärken zu erkennen – und vertraust dir selbst Stück für Stück immer mehr.
Der erste Teil dieser Übung ist es, andere, sehr ichbezogene Menschen zu beobachten und ihr Verhalten zu analysieren. Sie dienen sozusagen als abschreckendes Beispiel für dich 😉!
Noch wichtiger ist der zweite Teil der Übung: Überlege dir jeden Abend, in welcher Situation du am Tag auf dich selbst fixiert warst. Wenn du das mehrere Wochen lang machst, wirst du immer sensibler auf diese Situationen reagieren und diese bald schon erkennen, wenn du sie erlebst. Du entwickelst ein Umdenken, nimmst dich selbst nach und nach nicht mehr so wichtig und wirst die Befreiung spüren, die damit verbunden ist.
Übung 3: Erfolge feiern
Mach dir bewusst, was du kannst und leistest. Schreibe dir jeden Abend in einem Büchlein auf, was dir am Tag gelungen ist, worauf du stolz bist – und wenn es nur alltägliche Kleinigkeiten sind. Es ist individuell ganz unterschiedlich, was als Erfolg gesehen werden kann. Für den einen ist es ein leckeres selbstgekochtes Essen, für den anderen ist es ein Lob vom Chef, oder dass man sich zum Sport motivieren konnte.
Für die größeren Erfolge dürfen in dem Büchlein ein paar Extra-Seiten reserviert sein. Hier kannst du notieren, was du in deinem Leben schon alles geschafft hast, welche Herausforderungen du gemeistert hast und wofür du gelobt wurdest.
Wenn du nach ein paar Wochen in dem Büchlein blätterst und dich an die vielen kleinen Erfolge erinnerst, zeigst du dir selbst, was du bewirkst.
Übung 4: Powerposing
Körper und Geist bilden eine Einheit und beeinflussen sich gegenseitig. Wenn der Geist Selbstvertrauen verspürt, dann hast du automatisch eine aufrechtere Körperhaltung mit mehr Ausstrahlung.
Andersherum wirkt der Körper genauso auf den Geist. Eine aufrechte, selbstbewusste Haltung und sichere Bewegungen ändern recht schnell deine innere Einstellung. Setze dich aufrechter hin (ja, genau jetzt!), hebe das Kinn, nimm einen selbstbewussten Gesichtsausdruck an. Stelle dich mit beiden Füßen fest auf den Boden. Dein Körper wird deinem Geist signalisieren, dass du jetzt Selbstvertrauen ausstrahlst – und dein Geist wird es glauben.
Es dürfen auch gerne mal extremere und übertriebene Posen sein: Arme jubelnd hochreißen, Hände in die Hüften stemmen, Bizeps anspannen wie ein Bodybuilder – ok, dass solltest du vielleicht lieber alleine im stillen Kämmerlein tun, sonst erntest du noch verwirrte Blicke. Aber die Wirksamkeit für dein Selbstvertrauen ist garantiert!
Übung 5: Fake it till you make it – die Mut-Übung
So tun als ob – das bewirkt, noch intensiver als die reine Vorstellung davon im Kopf (siehe Übung 1), eine Veränderung in deinem Gehirn. Sei ein Schauspieler, der einen Menschen mit Selbstvertrauen spielt. Handle einfach so wie du es dir wünschst, ohne dir groß vorher Gedanken darüber zu machen. Ja, das braucht viel Mut. Aber es wird auch einen großen Effekt haben. Den Mut brauchst du nur ein einziges Mal – beim nächsten Mal wirst du in einer ähnlichen Situation bereits mit echtem Selbstvertrauen handeln.
Noch mehr Tipps
- Suche dir Vorbilder. Lasse dich von ihnen inspirieren.
- Erfülle dir kleinere und größere Wünsche, lasse Träume war werden, immer wenn es möglich ist.
- Probiere Neues aus, so oft es geht. Lerne neue Fähigkeiten von dir kennen. Du fütterst jedes Mal dein Selbstvertrauen, wenn du etwas Neues lernst oder es zum ersten Mal gelingt.
- Ändere deine Routinen in kleinen Details ab. Z.B. fährst du morgens eine andere Strecke zur Arbeit. Oder du kaufst in einem anderen Supermarkt ein. Jede Kleinigkeit ist ein Schritt nach vorn.
- Frage vertraute Menschen, was sie an dir mögen und welche Stärken sie in dir sehen. Die Wertschätzung anderer ist ein Turbo-Booster für dein Selbstvertrauen.
- Übe es, kleine Fehler zu machen und über sie zu lachen (das ist auch eine gute Ergänzung für Übung 2). Du könntest zum Beispiel ein T-Shirt verkehrtherum anziehen und so das Haus verlassen. Oder bewusste Versprecher einbauen, wenn du mit einem Freund redest. Solche Kleinigkeiten sind wunderbare Übungen, um Sicherheit zu gewinnen.
- Höre auf dein Bauchgefühl, deine Intuition. Und vertraue ihm. Deine Intuition ist der allererste Impuls, den du verspürst, bevor du über eine Sache nachdenkst.
Eine tolle Übung, um als Intro überzeugender aufzutreten, habe ich übrigens an meine Stammleserinnen und -lesern mit den letzten TeamNews geschickt. Wenn du dich einträgst, erhältst du auch regelmäßig zusätzliche Tipps und Inspirationen rund um deine Introversion von mir.
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Was noch dazu gehört, um Selbstvertrauen aufzubauen
Selbstvertrauen gewinnt man nicht von heute auf morgen. Vor allem, wenn es noch nicht sehr weit entwickelt ist oder durch schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit zerstört wurde. Du kannst es aber schaffen, es aufzubauen – Schritt für Schritt. Jedes klitzekleine Erfolgserlebnis zählt.
Doch wie motivierst du dich eigentlich, überhaupt an deinem Selbstvertrauen zu arbeiten? Was bringt dich dazu, dich verändern zu wollen?
Erst sehnst du dich danach, mehr Selbstvertrauen zu haben. Doch das reicht noch nicht. Die Sehnsucht muss wachsen. Du fängst an, unter diesem Mangel zu leiden. Du beobachtest dich selbst, erkennst vielleicht alte Glaubenssätze aus deiner Vergangenheit, die bestimmte Gedanken und Emotionen immer wiederholen. Dann wirst wütend über deinen aktuellen Zustand. Erst mit dieser Wut bringst du die notwendige Energie mit, etwas zu verändern. Empöre dich über dich selbst – und dann werde aktiv!
Nimm die Aufgaben an, die dir das Leben stellt. Versuche nicht ihnen auszuweichen, sondern stürze dich in die Situationen hinein, gehe die Herausforderungen an. Und vor allem: nimm dir jeden Tag aufs Neue vor, genau SO zu denken und zu handeln! Vermeidung schafft nur Leere und Verunsicherung.
Vergleiche dich nicht mit anderen. Es verunsichert und wirft dich in deiner Entwicklung zurück (Ausnahme: Übung 2! Negativ-Beispiele, um es selbst besser zu machen!). Bleibe auf deinem ganz eigenen Weg, auch wenn´s schwerfällt.
Zum Selbstvertrauen gehört auch eine stabile Selbstliebe. Sie ist die Basis für alles, was dich ausmacht. Wenn du daran arbeitest, dich selbst zu lieben, mit allem was dich ausmacht, dann werden sich auch viele andere Probleme von allein lösen. Das Gefühl, dich selbst anzunehmen, lässt dich mutiger werden, offener, selbstbewusster – und macht den Weg frei für deine Selbstverwirklichung und dein Selbstvertrauen.
Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht auf deinem Weg. Als introvertierte Person mit großem Selbstvertrauen wirst du eine bemerkenswerte Ausstrahlung haben – voller Ruhe, Sicherheit und Überzeugung. Niemand wird dich mehr als zu still, arrogant oder langweilig ansehen. Sie werden deine starke Persönlichkeit spüren und respektvoll anerkennen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir von deinen Erfahrungen berichtest.
Alles Liebe
Lena
Zum Weiterlesen:
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Das Alphatier in Introvertierten
Alice Christina
Tolle Tipps! Selbstvertrauen ist so wichtig für uns selbst – für die psychische und körperliche Gesundheit meiner Meinung nach! Ich hatte früher auch wenig Selbstvertrauen. Zwar zweifle ich momentan wieder etwas mehr und verfalle wieder leichter in alte Muster. Aber dafür werde ich mir gleich deine Tipps nochmal zu Herzen nehmen und das ein oder andere ausprobieren 🙂
Liebe Grüße
Alice von http://www.alicechristina.com
Lena
Danke, Alice! Ja, für die Gesundheit ist Selbstvertrauen eine wichtige Basis – ebenso wie Selbstwertgefühl. Das Schöne ist ja, dass wir an beidem arbeiten können!
Liebe Grüße
Lena